Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Entwicklung einer innovativen Nachrichten- und Informations-App für die Stadt
Regionalzeitungen sind ebenso in der Krise wie sich bisherige Apps für lokale Zeitungen nicht etablierten konnten. Vor dem Hintergrund wollen Forscherinnen und Forscher sowie Entwicklerinnen und Entwickler des Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) und des Instituts für Informationsmanagement an der Universität Bremen bzw. des Hamburger Hans-Bredow-Institut experimentelle neue Wege gehen: In „co-creation“, d.h. gemeinsam mit den zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern soll eine innovative mobile Nachrichten- und Informations-App mit „Tinder-Logik“ für junge Leute in der Stadt und im Umland entwickelt werden.
Entwickelt werden soll die experimentelle App für das Land Bremen und zwei angrenzende Landkreise (Osterholz und Verden). Hier wird in den kommenden beiden Jahren empirisch zu Stadtöffentlichkeit geforscht und auf Basis der Befunde eine online-basierte, von klassischen Nachrichtenanbietern unabhängige mobile App als experimenteller Prototyp entwickelt. Die App richtet sich vor allem an junge Menschen (16 bis 36 Jahre). Sie soll ähnlich intuitiv zu bedienen sein wie die Dating-App „Tinder“, d.h. Inhalte zum „Lesen“ oder „Wegwischen“ präsentieren und dabei im Hinblick auf die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer „selbstlernend“ sein.
Ausgangspunkt der Überlegung für die App ist, dass bisherige Entwicklungen zu sehr durch den Blickwinkel der etablierten Medienhäuser getrieben wurden: Im Kern ging es darum, das bestehende Angebot auf mobile Endgeräte zu bringen. Die Interessen und Gewohnheiten der Nutzerinnen und Nutzer wurden erst im zweiten Schritt berücksichtigt. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt geht einen radikal anderen, experimentellen Schritt: Es fängt mit Forschung zur Alltagsnutzung junger Menschen an und entwickelt mit diesen Schritt für Schritt gemeinsam – in co-creation – wie eine ideale lokale Nachrichten- und Informations-App aussehen sollte. In den zwei Jahren der Förderung des Projekts soll so eine experimentelle App mit Redaktionssystem entstehen. „Die App soll zeigen, was möglich ist, wenn man das Denken umdreht und nicht von den Gewohnheiten und Interessen von Medienunternehmen ausgeht, sondern von denen der Nutzerinnen und Nutzer“, sagt Prof. Dr. Andreas Hepp (ZeMKI), der zusammen mit Prof. Dr. Andreas Breiter vom Institut für Informationsmanagement Bremen sowie PD Dr. Wiebke Loosen vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg das Projekt leitet. Durch ein solches Vorgehen soll der Möglichkeitsraum vollkommen neu ausgelotet werden und Anstöße für die generelle Entwicklung solcher Software gegeben werden.
Das Projekt verbindet empirische kommunikations- und medienwissenschaftliche Forschung mit co-kreativer Softwareentwicklung. Beides soll dazu dienen, mit der experimentellen App einem sich abzeichnenden Relevanzverlust von Stadt und Region entgegenzuwirken. Für die Krise der mediatisierten Öffentlichkeit in Stadt und Land stehen u. a. die mobile Lebensweise, die ortsungebundenen sozialen Beziehungen und die sehr unterschiedlichen Weisen der Mediennutzung. Die klassischen Regional- und Lokalmedien können damit nicht hinreichend umgehen und verlieren mehr und mehr an Bedeutung. Vor allem erreichen sie viele (junge) Menschen nicht mehr.
Bei der Entwicklung der App soll deshalb eng mit der Medien- und Digitalwirtschaft in der Metropolregion Bremen, den Stadt- und Gemeindeverwaltungen, Stadtteilbeiräten sowie den in der Stadt und im Umland aktiven politischen Parteien und Verbänden zusammengearbeitet werden als auch mit weiteren lokalen Kollektiven wie z.B. Sportvereinen, (Nachbarschafts-) Initiativen, Kunstvereinen/-initiativen, sozialen Bewegungen mit Lokalbezug oder religiösen Gemeinden. Durch diesen co-creation-Ansatz werden empirische Befunde und Erkenntnisse sowie Erwartungen und Wünsche zukünftiger Nutzerinnen und Nutzer schon zu Beginn in den gesamten Prozess der Softwareentwicklung einbezogen.